Giulio und Lea

 

Vor langer Zeit herrschte König Theodor. Er hatte eine junge, schöne und sehr begehrte Prinzessin als Tochter mit dem Namen Lea. Der König war geizig und dachte nur an sich, seine Tochter aber war nett, liebevoll und pflegte die Armen. Eines Tages, als Lea sich mal wieder um die ganzen Bettler kümmerte, kam Giulio vorbei. Er kam aus einer der ärmsten Familien, galt aber als sehr mutig. Er erzählte immer die neusten Ereignisse. „Heute wurde der Bäcker ausgeraubt, von einer wilden Bande!”, erzählte er diesmal. Lea war geschockt. „Wer tut so etwas?”, fragte sie sich still. Der Tag neigte sich und alle gingen nach Hause.
Am nächsten Tag ging die Prinzessin wieder zu den Bettlern um ihnen das Essen zu bringen. Doch als sie die verlassene Dorfstraße entlang lief, packte sie auf einmal jemand von hinten, riss sie auf den Boden, verband ihr die Augen und schleppte sie in eine Kutsche. Er knallte zweimal mit der Peitsche und die Kutsche sauste los. Nach einiger Zeit machte sich Giulio Sorgen, denn normalerweise hätte Lea schon längst da sein müssen. Auch den anderen war nicht ganz wohl bei der Sache, aber keiner konnte sich vorstellen, das etwas passiert sei. Nach einer halben Stunde machte sich Giulio auf die Suche. Als er in die Dorfstraße kam, sah er, dass auf dem Boden zwei Körbe mit Lebensmitteln lagen. Nun wusste er, was passiert war. Er erinnerte sich an den Bäcker, der bestohlen worden war, und an die Räuber. Giulio machte sich sofort auf die Suche nach Lea. Er folgte den Radspuren, die im Staub auf der Straße zu sehen waren. Sie führten durch die Stadt am Schloss vorbei in den Wald. An einer Kreuzung teilten sich die Spuren. Eine führte nach links die andere nach rechts. Nach langer Überlegung entschied sich Giulio für die linke Spur. Er folgte der Spur, bis er zu einer Lichtung kam, auf der ein Brunnen stand. Giulio freute sich, denn er hatte fürchterlichen Durst. Als er einen Eimer in den Brunnen hinablassen wollte, hörte er eine kräftige tiefe Stimme sagen: „Wage es nicht von diesem kostbaren Wasser zu trinken, es wäre eine Verschwendung!” Giulio drehte sich um, doch er konnte weit und breit niemanden sehen. Er schaute den Brunnen genauer an und konnte jetzt ein Gesicht erkennen.
Der Brunnen sprach weiter: „Mit diesem Wasser kommst du an jeden Ort zu dem du willst oder musst!” „Das ist ja fantastisch! “, rief Giulio voller Freude.
Er erzählte dem Brunnen die ganze Geschichte von Lea und merkte dabei, das dieser ein weiser Brunnen war. Er wusste viel über das Königreich, König Theodor und Prinzessin Lea.
Giulio bat um etwas Wasser und er wünschte sich an den Ort, an dem Lea sich befand. Er fand sich vor einer Hütte wieder. In der Hütte brannte Licht und man hörte lautes Grölen heraus. Leise schlich er hinein und lugte durch einen Türspalt. Er sah eine Männerrunde mit Bierkrügen in der Hand. In einer Ecke saß an einen Stuhl gefesselt Lea. Angst war ihr ins Gesicht geschrieben. Als sie Giulio bemerkte, atmete sie erleichtert auf. Giulio erinnerte sich an das, was der Brunnen zu ihm gesagt hatte: „Wenn du etwas wirklich willst und du dir ganz sicher bist, macht das Wasser was du sagst!” Giulios Entschluss stand fest. „Ich will, dass sie einschlafen”, sagte er leise zu sich. Zehn Minuten später waren die Männer alle eingeschlafen und schnarchten laut. Das war Giulios Gelegenheit. Er befreite Lea und sie flohen nach draußen. Dort gab Giulio ihr und sich einen Schluck Wasser. Sie machten die Augen zu und wünschten sich nach Hause. Als sie die Augen öffneten, waren sie Zuhause. Die beiden waren glücklich und von diesem Zeitpunkt an unzertrennlich.


Lisa Hümmer 

 


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